Verfemte Kunst

Buchtitel Verfemte Kunst. Malerei der inneren und äußeren Emigration, 1986

Werner Haftmanns stetes Bemühen um die Rehabilitierung der verfemten Kunstler
kulminierte in seinem Buch Verfemte Kunst. Malerei der inneren und äußeren Emigration, das 1986 mit Unterstützung der Bundesregierung erschien. Schon 1962 – über 20 Jahre zuvor – hatte er in der ZEIT einen Artikel mit dem Titel »Bildersturm vor fünfundzwanzig Jahren« anlässlich der Ausstellung Entartete Kunst im Haus der Kunst in München geschrieben (siehe auch Literaturverzeichnis).

Gegen das Vergessen

Eine umfassende Gesamtdarstellung der unter den Nationalsozialisten verfemten Kunst und Künstler gab es bis 1986 nicht. In nur einem Jahr schrieb Haftmann das Buch, das ihm anfänglich ein bedrückender Auftrag schien, der zu jener »Trauerarbeit« gehörte, die meine Generation zu leisten hat, damit Leid und Standhaftigkeit in diesen apokalyptischen Jahren nicht im Orkus des Vergessens untergehen. (Verfemte Kunst, S. 9).

Es ist der Bericht eines engagierten Augenzeugen, der die Ereignisse noch selbst miterlebte. Auf die Frage, warum der NS-Staat diese Künstler verdammte, antwortete Haftmann in einem Interview:

“Kunst ist gefährlich! Was los ist, sieht man zuerst an ihr. Es gibt so etwas wie geistigen Geruchssinn. In den großen schöpferischen Hervorbringungen versammeln sich die Erfahrungen langer Zeiten, unentbehrlich, entlarvend; es versammeln sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. (…) Hitler zog sofort die Konsequenz: Die Bilder müssen entfernt, am besten vernichtet werden.” (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.7.1987)

Da er mit vielen der verfolgten Künstler befreundet war, behandelt Haftmanns Buch sowohl die biografischen als auch die künstlerischen Aspekte – das Schicksal der Verfolgten ebenso wie die Bilder, die zwischen 1933 und 1945 im Exil oder im Untergrund entstanden sind.

Seine Bilanz dieser Jahre ist positiv:

“Aus der Sicht des Historikers kommt es vor allem auf die innere Folgerichtigkeit der Entwicklung der Kunst an. Das was ich mit meinem Buch über die Verfemte Kunst zu zeigen wünsche, ist ja – gerade von der positiven Seite her gesehen –, daß es die bildenden Künstler selber gewesen sind, die diese Kontinuität ihres Wollens mit Zähnen und Klauen verteidigt haben. (…)

Als 1945 das Nazi-Regime zusammenbrach, war für die Kunst die berühmte »Stunde null« überhaupt nicht gegeben. (…) Das Verhältnis zu den europäischen Entwicklungen ist nie abgerissen. Es gab einen engen inneren Zusammenhalt zwischen den europäischen und außereuropäischen Ländern, die sich gerade um die Weiterarbeit in der bildhaften Ausprägung unserer Neuzeit, dem Erfassen unseres Wirklichkeitsbildes, bemüht haben.” (Interview im Kölner Stadtanzeiger, 23.7.1987)

Nicht die Erinnerung verlieren

In dem berühmten »Fragebogen« der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 6.3.1992 antwortete Haftmann auf die Frage nach dem für ihn größten Unglück: die Erinnerung verlieren…. Dies bezog er durchaus nicht nur auf sich selbst, sondern hatte auch im Zusammenhang mit der Unterdrückung von Künstlern während der NS-Zeit seine Bedeutung. Vergessen war für ihn nicht möglich: Ich kann es nicht, ich will es nicht, ich darf es nicht, sagte er in dem Interview mit der FAZ im Juli 1987.

Drucken